
Wie KI-Systeme zur neuen Angriffsfläche für Cyberkriminelle werden

Warum Künstliche Intelligenz zunehmend ins Visier von Cyber-Angreifern gerät
KI-Technologien durchdringen heute nahezu alle Unternehmensbereiche – von der intelligenten Kundeninteraktion über automatisierte HR-Prozesse bis hin zur Produktionssteuerung. Das macht sie nicht nur geschäftskritisch, sondern auch besonders angreifbar. Cyberkriminelle erkennen diese Entwicklung und richten ihre Strategien gezielt auf KI-gestützte Systeme aus.
Warum KI-Systeme besonders attraktiv sind:
- Sie verarbeiten große Mengen sensibler Daten, z. B. Gesundheitsdaten, Nutzerverhalten oder Geschäftsgeheimnisse.
- Sie übernehmen autonome Entscheidungen, z. B. bei Kreditvergabe, Risikobewertung oder Sicherheitsfreigaben.
- Sie sind technisch komplex und oft intransparent, was die Überwachung und Absicherung erschwert.
Beispiel:
Ein KI-System zur automatischen Bewerbervorauswahl trifft Entscheidungen auf Basis eines Trainings-Datensatzes. Wird dieser Datensatz manipuliert, kann es zu diskriminierenden oder manipulierbaren Ergebnissen kommen – ohne dass dies sofort auffällt.
Inhaltsverzeichnis:
Neue Angriffsflächen: Was KI-Systeme für Hacker so attraktiv macht
KI-Systeme bestehen aus vielen Einzelkomponenten – Modell, Daten, Infrastruktur, APIs – die jeweils eigenständig angreifbar sind. Hacker suchen gezielt nach Schwächen in diesem Ökosystem.
Typische Angriffsflächen:
- Trainingsdaten: Oft offen, unsauber oder unverschlüsselt gespeichert
- Machine Learning Modelle: Können zurückentwickelt oder kopiert werden
- APIs & Schnittstellen: Häufig unzureichend authentifiziert
- Cloud-basierte Rechenressourcen: Angreifbar durch Fehlkonfigurationen
Verbildlichung: Ein KI-System ist wie ein selbstfahrendes Auto – schnell, präzise und autonom. Aber wenn man die Sensoren, Karten oder die Software manipuliert, fährt es blind oder falsch. Und genau da setzen Angreifer an.
Manipulierte Datenquellen: Das unterschätzte Risiko im KI-Training
Die Qualität von KI-Systemen hängt direkt von der Qualität der Trainingsdaten ab. Doch diese Daten lassen sich – gezielt oder unbeabsichtigt – manipulieren.
Risiko: Data Poisoning
- Gezielte Einbringung falscher oder schadhafter Daten
- Verzerrung von Entscheidungslogiken
- Langfristige Manipulation ohne sofort erkennbare Folgen
Beispiel:
Ein Fraud-Detection-System wird mit manipulierten Zahlungsdaten trainiert, bei denen betrügerische Transaktionen als „unauffällig“ markiert sind. Ergebnis: Das System lässt echte Betrugsversuche durch – ein massiver Reputations- und Vermögensschaden.
Was Unternehmen tun sollten:
Herkunft und Integrität der Trainingsdaten prüfen
Datenquellen versionieren und dokumentieren
Anomalien im Lernverhalten regelmäßig evaluieren
Adversarial Attacks, Model Inversion & Co.: Die Werkzeuge moderner Angreifer
Cyberkriminelle verwenden ausgefeilte Techniken, um KI-Systeme zu manipulieren oder vertrauliche Informationen aus ihnen zu extrahieren.
Wichtige Angriffsmethoden:
- Adversarial Attacks: Kleine, gezielte Änderungen an Eingabedaten führen zu völlig falschen Ergebnissen
Beispiel: Ein manipuliertes Stoppschild wird von einem autonomen Fahrzeug als Tempolimit erkannt - Model Inversion: Rückschluss auf Trainingsdaten durch systematische Analyse der Modellausgaben
Beispiel: Rückgewinnung von Gesichtern oder Gesundheitsdaten aus einem öffentlich zugänglichen Modell - Membership Inference: Angreifer ermitteln, ob bestimmte Daten im Trainingsset enthalten waren – mit potenziellen Rückschlüssen auf Einzelpersonen
Maßnahmen zur Prävention:
- Einsatz robuster Trainingsmethoden
- Monitoring ungewöhnlicher Inferenz Verhalten
- Zugriffskontrolle auf Modelle und Trainingsdaten
Prominente Fälle: Wenn KI-Systeme real angegriffen werden
Angriffe auf KI-Systeme sind längst keine Theorie mehr – sie passieren täglich, oft unbemerkt. Einige öffentlich gewordene Fälle zeigen, wie real die Gefahr ist.
Beispiele:
- Tesla-Autopilot: Forscher manipulierten Straßenmarkierungen so, dass das autonome System plötzlich in den Gegenverkehr lenkte.
- Amazon Alexa: Durch modifizierte Sprachbefehle gelang es Angreifern, Smart-Home-Befehle zu aktivieren – ohne physischen Zugriff.
- GPT-3 & Chatbots: Sprachmodelle wurden mit bewusst provozierenden Fragen dazu gebracht, urheberrechtlich geschützte oder sensible Inhalte preiszugeben.
Lektion für Unternehmen:
Wenn globale Tech-Konzerne ihre KI-Systeme nicht vollständig absichern können, müssen Mittelständler und Startups doppelt wachsam sein – insbesondere wenn personenbezogene oder sicherheitsrelevante Daten im Spiel sind.
Sicherheitsstrategie für Unternehmen: Wie man KI-Systeme widerstandsfähig macht
Eine robuste KI-Sicherheitsstrategie ist kein Luxus, sondern eine Grundvoraussetzung für vertrauenswürdige Innovation. Sie beginnt bei der Planung und endet nie – denn Bedrohungen entwickeln sich ständig weiter.
Empfohlene Maßnahmen:
- Security by Design: Sicherheit wird von Beginn an in den KI-Entwicklungsprozess integriert
- Kontinuierliches Penetration Testing & Red Teaming speziell für KI-Modelle
- Data Governance: Trainingsdaten werden versioniert, geprüft und verschlüsselt gespeichert
- Zugriffskontrollen auf API- und Modellebene, mit Rollen- und Berechtigungskonzept
- Incident-Response-Pläne, die speziell auf KI-Ausfälle oder Fehlentscheidungen zugeschnitten sind
Organisatorisch wichtig:
- Interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen IT-Sicherheit, Data Science und Legal/Compliance
- Awareness-Trainings für Entwickler:innen und Product-Teams
- Einsatz zertifizierter Plattformen oder Frameworks (z. B. NIST AI RMF)
KI gegen KI: Wie Künstliche Intelligenz selbst zur Cyberabwehr beitragen kann
Interessanterweise ist KI nicht nur Opfer – sondern auch Verteidigerin. Moderne Sicherheitslösungen nutzen maschinelles Lernen, um komplexe Bedrohung-Muster zu erkennen, bevor klassisches Monitoring anschlägt.
Einsatzmöglichkeiten:
- Anomalie-Erkennung in Echtzeit (z. B. ungewöhnliche API-Zugriffe)
- Verhaltensbasierte Angriffsabwehr bei verdächtigen Mustern
- Intelligente Patch-Verwaltung, die Schwachstellen priorisiert und automatisch Gegenmaßnahmen empfiehlt
Vorsicht:
Auch diese Sicherheitssysteme müssen regelmäßig geprüft und „entgiftet“ werden. Eine KI, die sich auf fehlerhafte Daten oder Annahmen stützt, kann selbst zu einem Risikofaktor werden.
Ausblick: Was die Zukunft von KI-Sicherheit verlangt
Der Druck auf Unternehmen steigt – nicht nur durch Angreifer, sondern auch durch Regulierungsbehörden, Kunden und Investoren. Neue Gesetze wie der EU AI Act verlangen Rechenschaft über Sicherheitskonzepte, Risikobewertungen und Schutzmaßnahmen bei hochriskanten KI-Anwendungen.
Trends der nächsten Jahre:
- KI-Sicherheit wird auditiert und zertifiziert, ähnlich wie IT-Sicherheit nach ISO 27001
- Rechtliche Dokumentationspflichten zu KI-Einsatz, Trainingsdaten und Schutzmaßnahmen
- Proaktive Transparenz wird zum Wettbewerbsvorteil – z. B. durch Explainability-Features
Was Unternehmen vorbereiten sollten:
- Ein KI-Risiko-Assessment für jedes neue Projekt
- Kontinuierliche Weiterbildung der relevanten Teams
- Austausch mit externen Expert:innen für Security & Compliance
Fazit: KI ohne Sicherheit ist keine Option
KI kann Prozesse beschleunigen, Entscheidungen verbessern und Innovation fördern – aber nur, wenn sie sicher ist. Der technologische Fortschritt darf nicht auf Kosten des Datenschutzes, der Integrität oder des Vertrauens gehen.
Kernaussagen für Unternehmen:
- Sicherheit gehört zur KI-Strategie, nicht zum Nachtrag.
- Die größten Schwächen liegen oft in unterschätzten Details – wie offenen APIs oder ungesicherten Daten.
- Verantwortungsvoll handelnde Unternehmen erkennen: Es geht nicht nur um Schutz, sondern um Vertrauen.


